Celle (mhd). Wenige Quadratzentimeter poliertes Messing für ein zerstörtes Leben – gleich ob Jude oder Kommunist; vergast oder erschossen: Die „Stolpersteine“ in der Celler Altstadt erinnern an die entrechteten und ermordeten Opfer des Nationalsozialismus. Am Samstag, 18. September, machte sich eine kleine Gruppe von Maltesern bei einem Stolpersteinrundgang auf den Weg in die Geschichte der ehemaligen Residenzstadt.
Sie waren grundverschieden und doch den Nationalsozialisten gleich verhasst: Großkaufleute und kleine Altkleiderhändler, russische Kriegsgefangene und einfache Kommunisten. Geblieben sind von ihnen oft nur Stolpersteine, doch die erzählen beklemmende Geschichten von Entrechtung und Vertreibung, und leider meist vom Tod. Es ist das Verdienst des Künstlers Gunter Demnig, diesen Opfern durch seine Aktion Stolpersteine im Alltag der Städte wieder einen Namen gegeben zu haben. Mehr als 75.000 Steine hat der Künstler seit 1996 auf Straßen verlegt, meist vor dem letzten selbstgewählten Aufenthaltsort der Opfer. Diese Steine tragen in der Regel den Namen des Opfers und, soweit bekannt, das Geburts- und Todesdatum samt einer kurzen Angabe zu seinem Schicksal.
Und diese Schicksale waren so verschieden wie die Menschen selbst: Da ist etwa die Geschichte der beiden jüdischen Geschwister Regina und Adolf Schul, die von ihren Eltern noch vor dem Krieg nach England geschickt wurden. Während Adolf später in der englischen Armee diente und in den letzten Kriegswochen fiel, gelang seiner Schwester die Übersiedlung nach Israel. Ihre Eltern dagegen überlebten den Krieg nicht. Einen ganz anderen Weg musste Heinrich Eggers gehen. Dessen Stolperstein liegt vor dem Haus Bergstraße 14, wo er in der Nacht vom 10. April 1945 erschossen wurde, wenige Tage vor Einmarsch der englischen Truppen. Eggers war Kommunist, dies reichte wohl als Grund für seine Ermordung. Ein Täter wurde nie ermittelt.
Natürlich muss ein Stolpersteinrundgang auch an Robert Meyer erinnern, der das erste Kaufhaus in Celle gegründet hatte und später in Auschwitz ermordet wurde. Sein Schicksal machte deutlich, dass sich Antisemitismus oft genug mit Neid und Raffgier mischte.
Am späten Vormittag hatte sich die kleine, aber interessierte Gruppe von Malteser-Mitarbeitern an der Celler Synagoge eingefunden. Erwartet wurden sie von dem Theologen Peter W.L. Kuhlmann, der den Maltesern zunächst die Geschichte der Synagoge nahebrachte, der ältesten erhaltenen Fachwerksynagoge in Niedersachsen, und sie dann zu einigen ausgewählten Stolpersteinen führte. In seinen kenntnisreichen und engagierten Vorträgen zu einzelnen Opfern machte Kuhlmann eines immer wieder deutlich: Nicht nur die Opfer der Nationalsozialisten kamen damals aus allen Schichten der Bevölkerung, sondern auch die Täter selbst. Zur Rechenschaft gezogen wurden später nur wenige von ihnen und auch die Opfer fanden nur selten Gerechtigkeit. Immerhin erinnern heute Stolpersteine an sie.